widerspruch zu eric frey - https://derstandard.at/1379291217362/Warum-Grundeinkommen-nicht-funktioniert

19.09.2013 10:14

Widerspruch zu Eric Frey – Warum Grundeinkommen nicht funktioniert.

von Gerhard Hager, Mitglied im Landesvorstand der Piratenpartei Wien

 

Wo soll ich bei der Vielfalt an falschen Ansätzen beginnen?

 

Verwunderlich ist, dass der Wirtschaftsfachmann Frey mit Zahlen argumentiert, die nicht den Tatsachen entsprechen.

Das von ihm angeführt BGE in der Höhe von 1.000,- würde in etwa 100 Mia kosten und nicht die von ihm publizierten 80.

Die Piraten gehen in ihrer Berechnung vom dzt geltenden Ausgleichszulagenrichtsatz (Mindestpension) aus, was in etwa seinen Zahlen entspricht.

 

Derzeit wendet der Staat Österreich für jeden in Österreich rechtmässig lebenden Menschen ca. € 10.000,- pro Jahr auf. Insgesamt 83 Mia.

 

2/3 davon sind Transferleistungen wie Ausgleichszulage, Familienbeihilfen, Studienbeihilfen, Invaliditätspension, Notstandshilfe, Mindestsicherung usw.

Diese finanziellen Mitteln sind also bereits vorhanden und können ohne Abstriche für ein bedingungsloses Grundeinkommen umgeschichtet werden.

 

Ein knappes weiteres Drittel kann durch die, durch die Auszahlung des BGE, erhöhte Steuerbemessungsgrundlage bei der Erwerbsarbeit und den dadurch fliessenden Einkommens- und Lohnsteuern finanziert werden.

Die Steuersätze müssten dabei nicht verändert werden.

 

Es bleibt nach unseren Berechnungen eine Finanzlücke von etwa 5 %.

Das sind 4 Mia Euro, was wiederum den Kosten für die Eurofighter entspricht!

Um diese Lücke zu schliessen gibt es verschiedene Ansätze.

Z.B. eine Anpassung der Einheitswerte aus dem Jahr 1973 zur Berechnung der Grundsteuer, die Finanztransaktionssteuer oder die Einbeziehung der Einkommen aus Kapitalerträgen in die Einkommenssteuerprogression.

 

In dieser Berechnung nicht berücksichtigt, sind Einsparungen in der Verwaltung und Bürokratie.

Ebenso wurden, durch die finanzielle Besserstellung von einkommenschwachen Bevölkerungsschichten und ein damit erhöhtes Konsumaufkommen, zu erwartende Mehreinnahmen bei der MWSt nicht in diese Berechnungen miteinbezogen.

 

Frey bemängelt auch, dass bei einem Zuverdienst bei einer Transferleistung durch den Wegfall dieser Transferleistung der Steuersatz somit 100 % beträgt und Arbeit dadurch unattraktiv wird oder die Menschen in die Schwarzarbeit drängt.

Dies ist völlig richtig, beschreibt aber die derzeitige Situation, die durch diese Regelung die Menschen in der strukturellen Arbeitslosigkeit hält und jeden Anreiz zur Erwerbsarbeit zunichte macht.

 

Genau das soll auch durch ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle geändert werden.

 

Eric Frey schreibt in der Überschrift, dass eine bedingungslose Leistung den Anreiz zum Arbeiten zerstört.

Er hat seinen Erich Fromm entweder nicht gelesen, oder nicht verstanden.

Ein zweites Argument dafür, daß der Mensch nicht nur aus materiellem Anreiz arbeiten und sich anstrengen will, ergibt sich aus der Tatsache, daß der Mensch unter den Folgen von Untätigkeit leidet und eben gerade nicht von Natur aus träge ist. Sicher würden viele Leute gerne für ein oder zwei Monate nicht arbeiten. Die allermeisten würden aber dringend darum bitten, arbeiten zu dürfen, selbst wenn sie nichts dafür bezahlt bekämen.

https://www.soned.at/images/pdf/0Erich_Fromm_zum_garantierten_Einkommen.pdf

 

Eric Frey lässt völlig ausser acht, dass bereits heute mehr unentgeltliche Arbeit in gemeinnützigen Vereinen, NGO´s, dem Roten Kreuz und vor allem im Haushalt, der Pflege und der Nachbarschaftshilfe geleistet wird, als an Stunden an Erwerbsarbeit geleistet wird.

 

Er bestätigt, dass die grosse Mehrheit lieber arbeitet, argumentiert dann aber mit einer arbeitslosen Unterschicht als Katastrophe für die Gesellschaft.

Eric Frey stellt zwar fest, dass in Teilen Europas diese Situation bereits gegeben ist, will dieses Problem aber nicht mit neuen „falsch“ konzipierten Sozialprogrammen fördern.

 

Festzuhalten ist aber, dass genau das derzeit bestehende System des unregulierten Finanzmarktes und der „alte, falsch konzipierte“ Ansatz des Wirtschafts- und Sozialsystems zu diesen Verhältnissen geführt hat.

 

Festzuhalten ist, dass es dringend neuer Ideen und Wege braucht, um allen Menschen auch in Zukunft ein menschwürdiges und erfüllendes Leben zu ermöglichen.

Das bedingungslose Grundeinkommen ist keine sozialromantische Utopie sondern ein möglicher Ansatz eines notwendigen Systemupdates für unsere Gesellschaft!

 

Schulbildung für alle: 1740 Utopie / Realität 1774

Frauen an Universitäten: 1864 Utopie / Realität 1897 

Wahlrecht für Frauen: 1848 Utopie/ Realität 1918 

Arbeitslosengeld für alle: 1836 Utopie / Realität 1912 

Gesundheitsversorgung für alle: 1848 Utopie / Realität 1889

Pensionen für alle: 1860 Utopie / Realität 1906